In eine andere Welt

Junger Kammerchor

Badische Neueste Nachrichten, 26.02.2014

Die Chormusik, insbesondere für eine A-cappella-Besetzung, hat in England eine enorme Wirkung entfaltet. Viele bedeutende Komponisten steuerten für diese musikalische Gattung Werke bei, die mit zu den großen musikalischen Äußerungen der Menschheit gehören. In der Karlsruher evangelischen Lukaskirche hatte man jetzt den Jungen Kammerchor Baden-Württemberg zu Gast, der mit seinem Programm „Glory To God“ eine wirklich spannende Zusammenstellung englischer Chormusik aus vier Jahrhunderten vorstellte.
Der Chor besteht seit 28 Jahren und versteht sich als ein landesweites Forum für begabte Chorsängerinnen und Chorsänger. Mit seinem Gründer und Leiter Jochen Woll gastierte der Chor bei zahlreichen Festivals im In- und Ausland.
Eröffnet wurde das Konzert mit der Motette „Sancte Deus“ des Renaissancekomponisten Thomas Tallis. Einem Werk, zu dem sich der Chor in [...] Ensembles im Raum verteilte. Eine für die Musik der Zeit übliche Methode zur Erzeugung von Raumwirkungen. [...]

Raum- und Zeitgefühl aus den Angeln gehoben

Mit seinem wunderbar kultivierten Klang hob der Chor das Gefühl für Raum und Zeit aus den Angeln und ließ die Zuhörer in eine andere Welt eintauchen. Sicher und mit leichter Handführung hielt Jochen Woll seine Sänger zusammen und führte sie durch die raschen und dicht gedrängten Imitationen von William Byrds „Sing Joyfully To God“ und Thomas Weelkes „Gloria in excelsis Deo“.
In einem an gelungener Musik reichen Konzert mag man nicht sagen, was denn nun der Höhepunkt war. Zwei Stücke aber ragten hervor. Da war zum einen die Komposition eines Psalmverses „Hear My Prayer“, mit der es die Bewandtnis hat, dass die Musik vom Barockkomponisten Henry Purcell begonnen wurde, die Fortführung und den Abschluss aber der schwedische zeitgenössische Komponist Sven-David Sandström schuf. Der Chor positionierte sich ringförmig um die Zuhörer. Wunderbar geschmeidig führten die barocken Linien zu einer Musik in heutigem Gewand, ohne dass es verstörend gewirkt hätte. Alles fügte sich.
Ebenfalls markant war das nach einem „Nunc dimittis“ Gustav Holsts erklingende, groß angelegte Werk „A.M.D.G. – Ad maiorem Dei gloriam“ von Benjamin Britten. Der wohl bedeutendste englische Komponist des 20. Jahrhunderts vertont hier sieben Gedichte eines Jesuitenpaters. Das vom heraufziehenden Zweiten Weltkrieg beeinflusste Werk beschäftigt sich in expressiver Tonsprache mit dem Verhältnis von Glaube und Kampf und ist von erschütternder Wirkung.
Versöhnlich endete das formidable Konzert mit zwei kürzeren Werken von Edward Elgar, „They Are At Rest“ und Edward Bairstow, „Jesus The Very Thought Of Thee“.
Der Junge Kammerchor Baden-Württemberg ist eine Bereicherung für die musikalische Kultur in unserem Bundesland.

Von Jens Wehn