Feinsinniges Programm

Junger Kammerchor Baden-Württemberg singt für "Gute Taten"

Neue Württembergische Zeitung, 27.01.2009

Zu einem Benefiz-Konzert, das der Rotary-Club Göppingen zugunsten der NWZ-Aktion "Gute Taten" veranstaltete, strömten am Sonntagabend zahlreiche Zuhörer in die Göppinger Oberhofenkirche.

Der Junge Kammerchor Baden-Württemberg unter der Leitung seines Gründers Jochen Woll hatte zu einer Zeitreise eingeladen, auf der die Musikepochen der Gregorianik bis hin zur Moderne mit unterschiedlichsten "Vater unser"-Vertonungen abgedeckt wurden. So sahen sich die Zuhörer gleich zu Beginn in ein Kloster um das Jahr 1000 versetzt, als der Chor mit einem einstimmigen "Vater unser" stimmungsvoll in die Kirche einzog. Zuvor hatte Jürgen Woll das Publikum in den ersten Teil des Programms eingeführt, das mit Mendelssohn-Bartholdy seinen Höhepunkt in einem feinsinnigen Programm hatte. Im Mittelpunkt der Arbeit des Chores stehen A-cappella- Werke, was er beeindruckend unter Beweis stellte. Da saß jeder Ton intonatorisch und dynamisch fein abgestimmt. Exakte Geradlinigkeit in den Koloraturen einerseits und glanzvolle Schlusstöne andererseits kennzeichneten die schlanken, den einzelnen Epochen angepassten und gestaltungsreichen Interpretationen mit ausgeglichenem Klang.
 
Der Chor lotete die Spannungsbögen der einzelnen Werke bis zum letzten Ton aus und zeigte Klangkultur. Auf Bachs "Komm, Jesu, komm" folgte Mendelssohn-Bartholdys "Ehre sei Gott in der Höhe".
 
Der zweite Teil begann mit dem Atheisten Verdi und man fragte sich schon, was dieser Komponist in einem Vater-unser-Programm zu suchen hat. Doch kaum ein Komponist hat so innig und in so frommer Weise dieses wichtigste Gebet der Christenheit vertont. Mit dem Südamerikaner Heitar Villa-Lobos war das Programm im 20. Jahrhundert angekommen. Hier werden zwar Elemente der Romantik noch aufgegriffen, aber das Vater unser ist fast ohne Rhythmus, und die Tonarten verschwimmen regelrecht. Mit dem letzten Werk, dem "De tempore" von Petr Eben nach Texten des Prediger Salomo, kommen rhythmisch gesprochene Elemente in die Musik hinein, eindringliche Rufe, jedoch mit einer ausgeprägten, präzisen Dynamik. Der Chor gab einen bewegenden Eindruck dieses mit Engagement vorgetragenen Werkes, das am Schluss die Gregorianik wieder ertönen lässt.

(Lilly Ell)