Ein Meister der Vielfalt

Kammerchor in St. Raphael

Rhein-Neckar-Zeitung, 10.12.2008

Als Bewerbung um das Amt des Leipziger Thomaskantors schrieb der zweite Bach-Sohn Carl Philipp Emanuel sein „Magnificat“. Und als „Nachweis der Beherrschung unterschiedlicher Kompositionsverfahren“, die dafür gefordert waren, zeigt er sich darin als Meister der Stilvielfalt. Ein fesselndes, selten zu hörendes Werk stellte der Junge Kammerchor Baden-Württemberg bei seinem Auftritt in der St.-Raphael-Kirche Heidelberg damit vor. Inspirierte Musik von ebenso viel Schönheit und Tiefe wie schwungvollem Elan. Der von Jochen Woll geleitete Chor erweiterte damit sein Repertoire um ein weiteres Werk des Bach-Sohnes – nach einer eindrucksvollen Aufführung des „Auferstehungs“-Oratoriums im vergangenen Jahr.

Mit spürbarer Begeisterung sang der Chor unter seinem Leiter, ließ den freudig bewegten Eingangschor wunderbar leuchten. Klangsicher gestalteten die jungen Sänger die schwierigen Intervallsprünge, beweglich in den polyphonen Geflechten des Schluss-Satzes. Daneben beeindruckte der Chor mit gestalterischer Leichtigkeit und schönem Leuchten in den ruhevollen Abschnitten, brachte ebenso die harmonischen Spannungen zu eindringlicher Wirkung.

Carl Philipp Emanuel hat von seinem großen Vater zweifellos viel gelernt und übernommen, die kontrapunktische Meisterschaft ebenso wie die tiefe Spiritualität. Große Beredsamkeit brachte das Barockorchester L’arpa festante ins Spiel, rhythmisch erregenden, mitreißenden Schwung mit federndem Zugriff. Reiche Farbe kam gleichfalls ins Spiel, durch die Holzbläser vor allem, aber auch durch die Naturhörner, die die Festlichkeit der Ecksätze kraftvoll untermauerten.

Einen wunderbar geschmeidig geführten Sopran ließ Monika Mauch in ihren Arien hören; samtig leuchtend und große Tiefe erreichend mit edlen Pianissimi.

Mit schöner Färbung und feiner Höhe imponierte der Altus Franz Vitzthum, zu Herzen gehend in seiner Arie „Suscepit Israel“. Kernig sonor versah Hans Jörg Mammel seine Tenorarie. Leidenschaftlich auch der Bassist Matthias Horn. Zuvor sang der Junge Kammerchor das „Gloria“ von Vivaldi, brachte große Virtuosität und Schwung in die koloraturenreichen Sätze. Reiche dynamische Schattierungen entlockte Jochen Woll seinem Chor, wobei dieser auf jede dirigentische Nuance ganz beglückend reagierte.

Von Rainer Köhl