Bach und seine Verwandten

Konzert des Jungen Chores Baden-Württemberg bei Musikwochen Leinsweiler

Rheinpfalz, 12.09.2000

Geistliche Vokalmusik, vorgetragen vom Jungen Chor Baden-Württemberg, das war a-cappella-Gesang auf höchster Ebene. Innerhalb der Leinsweilerer Musikwochen bot dieses Kammerensemble aus acht Frauen- und fünf Männerstimmen - darunter aktiv der musikalische Leiter Jochen Woll - mit seiner Literaturauswahl ein äußerst interessantes und thematisch dichtetes Programm.

Das Konzert gipfelte in zwei achtstimmigen Motetten von Bach. Davor gab es auch lauter „Bäche“, nämlich Vorfahren des berühmten Thomaskantors. Welch eine Fülle an schöpferischen Glanzpunkten gab es da bereits zu hören. So war immer wieder die prägnante Textbehandlung die diese alte Musik ungemein lebendig machte. Der Junge Chor mit seinen reinen und klaren Stimmen wusste die kompositorischen Vorgaben, ob in homophonen Harmonien, polyphonen Verschlingungen, im umspielten Cantus firmi oder Gegendialog, plastisch auszuformen. Zu dem reichen Klangpotential kamen hervorragende Textverständlichkeit geschlossene Präzision der Einsätze, absolut sichere Tonaufnahme auch im sechsstimmigen Satz, ausgefeilte, schwingende Dynamik und markante Akzentuierung bis hin zu deklamatorischen Effekten.

„Unser Leben ist ein Schauen“, in dieser 6-stimmigen Motette lässt Johann Bach (1604 bis 1673) den Schatten flatterhaft von Stimme zu Stimme springen; bei Johann Christoph Bach (1642 bis 1733) wird dieser Schatten in dessen Molette „Der Mensch vom Weibe geboren“ eher in schwebender Flüchtigkeit definiert. Eindrucksvoll durchleuchteten die Vokalisten die harmonische Vielfalt, die flexible Thematik des Johann Michael Bach (1648 bis 1964), sich steigernd bis zur achtstimmigen Gegenchörigkeit von „Nun hab ich überwunden“. Lockere Artikulation, zügiges Tempo und stimmliche Kraft überzeugten in „Sei lieber Tag willkommen“. Höchste Anforderungen stellten zum Schluss die Doppelchöre des Leipziger Bachs. Etwas angestrengt wirkte da manche Stelle (sehr hohe Soprane) in „Ich lasse dich nicht“. Ausgeglichen in den imitierenden Einsätzen und Variabel jede Zeile charakterisierend, zeichnete das Solistenensemble die vileschichtigen Strukturen von „Komm, Jesu komm“.
Auch bei diesem Leinsweilerer Konzert brachte Heinz Markus Göttsche sein Können aktiv ein. Den Variationen zu „Du Friedefürst“ von Johann Bernhard Bach wusste er farbige Bewegung zu geben, der wuchtigen c-moll-Fantasie von Johann Sebastian Bach kraftvolle Spannung. (imw)