Außergewöhnliche Stunde der Kirchenmusik in St. Dionys mit Peter Lehels „Song of Praise“

Eine Sternstunde in der Stadtkirche: Chorgesang und Jazz gehen in Peter Lehels Komposition „Song of Praise“ eine faszinierende Verbindung ein.

Esslinger Zeitung, 29.04.2013

Um es vorwegzunehmen: Dieser Abend verdient höchste Lobeshymnen. Ein Chor, bei dem jeder Ton saß, und dazu Musiker, die ihr Instrument exzellent beherrschten - da passte alles. Der Komponist Peter Lehel spielte selbst am Saxofon mit, als in einer Stunde der Kirchenmusik sein Werk „Song of Praise“ in der gut besuchten Esslinger Stadtkirche dargeboten wurde - eine Komposition, die die Vielschichtigkeit von Leidenschaft, Erotik, Selbstbewusstsein, Unsicherheit, Zartheit und Liebe in einer aufregenden Art und Weise paraphrasiert.Polyrhythmische und dissonante Passagen, harte Marschklänge und tanzender Swing, einschmeichelnde, orientalische
Kompositionsmuster und groovender Funk - Peter Lehels „Song of Praise“ wusste zu überraschen. Der Junge Kammerchor Baden-Württemberg unter der Leitung von Jochen Woll und das Peter-Lehel-Quartett, das durch Ull Möck am Keyboard, Dirk Blümlein am Bass und Dieter Schumacher an den Perkussionsinstrumenten komplettiert wurde, boten dem Publikum Musik auf höchstem Niveau.

DAS HOHELIED SALOMOS NEU VERTONT
Peter Lehels Werk „Song of Praise“, welches das Hohelied Salomos mit Texten der englischen King-James-Übersetzung aus dem 17. Jahrhundert zur Grundlage hatte, war eigens für diesen Chor und das begleitende Jazz-Quartett geschrieben worden. Die achtteilige Komposition des international renommierten und preisgekrönten Musikers überraschte immer wieder mit unerwarteten Wendungen, die insgesamt aber sehr rund und stimmig wirkten. Die Instrumentalisten überzeugten mit hinreißendem Können - allen voran Peter Lehel am Saxofon. Seine Tongebung war atemberaubend - mal hauchig und mit viel Luft, mal knarrend, mal knackig. Dirk Blümlein spielte seinen viersaitigen Bass mit Hingabe und Gefühl. Seine runden Continuolinien, zarten Flageolettklänge und satten Bassgrooves überzeugten.
Der vorzügliche Schlagzeuger Dieter Schumacher bestach durch überzeugende Kreativität und Wandelbarkeit. Als Vierter im Bunde
begeisterte Ull Möck sein Publikum. In der Auswahl seiner Sounds zeigte er sich eher eingeschränkt, aber seine Virtuosität sucht ihresgleichen. Seine Finger tanzten mit einer verblüffenden Leichtigkeit über die Tasten. Bei allem Können ließen die Instrumentalisten den Sängern unter der Leitung eines mitreißenden Jochen Woll am Dirigentenpult ganz selbstverständlich den gebührenden Freiraum, so dass die eingeschworene, 20-köpfige Kehlengemeinschaft brillieren konnte. Selten genießt man einen Chor, der so sauber aufeinander eingesungen ist. Bei den einzelnen Stimmgruppen hörte man fast durchgängig nur einen Klang, so gut mischten sich die einzelnen Sängerinnen und Sänger. Dynamische Wendungen, komplizierte Tonfolgen oder auch herausfordernde Dissonanzen nahmen die jungen Sängerinnen und Sänger mit einer solchen spielerischen Leichtigkeit, dass es eine große Freude war, ihnen zuzuhören. Und das Publikum staunte am Ende, dass dieses abendfüllende Programm wie im Fluge vorüber war.
Von Peter Eltermann