Die Ohren gespitzt

Weihnachtsoratorium mit dem Jungen Kammerchor

Stuttgarter Nachrichten, 27.12.2012

Die Funken stieben zu lassen ist keine Option für Jochen Woll. Der Leiter des Jungen Kammerchors Baden-Württemberg setzt auf eine fein ausgehörte Ausdruckshaftigkeit, deren Intensität sich in verhalten zurückgenommenen Klanggefilden entfaltet. [...] Hier gerieten die sich homogen mischenden, aber einem kraftvollen Duktus entsagenden Stimmen seines Chores und die alles allzu Forcierende entschieden außen vor lassende Tonbildung des Orchesters leicht ein wenig ins Hintertreffen bei einer Zuhörerschaft, die den großen Saal nur halb
füllte und die Ohren spitzen musste, um der Sensibilität gewahr zu werden, welche die Ensembles auf dem Podium den sechs
Bach’schen Kantaten beimaßen.

Dem rhetorisch lebhaft ausformulierten Gestus in den durchsichtig gehaltenen großen Chorsätzen setzte Woll in den Chorälen
einen in der Herangehensweise wohl überlegten, bisweilen jedoch etwas verkünstelten Ausdruckswillen entgegen.
Die vier Vokalsolisten, Nele Gramß, die mit prägnantem Stimmfokus für die erkrankte Sopranistin Monika Mauch eingesprungen
war, der sauber linierende und lebendig modellierende Altus Franz Vitzthum, der situationsbedingt auch einmal erregte, sonst eher ruhige und stimmschöne Erzähler Georg Poplutz (Evangelist, Tenor) und der lebendig auf den Text eingehende, stimmlich geschmeidige Bassist Markus
Flaig ergänzten Chor und Orchester aufs Beste.