Extreme Kontraste

Der Junge Kammerchor bot ein mitreißendes Programm

Badische Neueste Nachrichten, 06.03.2012

„Die mit Tränen säen“ [...] Der Junge Kammerchor Baden-Württemberg unter der Leitung von Jochen Woll hatte sich einige der schönsten, aber auch schwierigsten Chorwerke vorgenommen und schonte dabei weder sich, noch das sehr zahlreich erschienene Publikum. Schon in der Motette „Die mit Tränen säen“ von Heinrich Schütz, in der die kontrastierenden Elemente miteinander wetteifern, waren die beiden Pole Verzweiflung und Zuversicht hör- und spürbare Aufforderung, sich einzulassen auf extreme Kontraste.

„O Tod, wie bitter bist du“, 1912 von Max Reger in Vorahnung des alles verändernden Ersten Weltkrieges komponiert, ist ein Reger- typisches Werk, das die Grenzen der Tonalität bis aufs Äußerste strapaziert und dadurch eine bedrückende Dichte erreicht, die erst im ab- schließenden Choralteil in eine lichte Glaubenshoffnung übergeht. Der Junge Kammerchor Baden-Württemberg interpretierte das vielschichtige Gewebe mit markantem Chorklang, [...] und entlockte mit Strahlkraft und Sprachgestus dem komplizierten Chorsatz alle Nuancen.
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Mit den Motetten „Warum ist das Licht gegeben“ von Johannes Brahms und „Jesu meine Freude“ von Johann Sebastian Bach war auch der zweite Teil des Konzertes bestückt mit einigen „Highlights“ der A-cappella-Literatur. Und der engagierte Dirigent Jochen Woll verlangte seinen Sängerinnen und Sängern noch einmal alles ab. So entwickelte sich in der Brahms-Motette eine spannende Struktur, die von großen dynamischen Spannungen getragen wurde und sprachliche Akzente geschickt nutzte.

Ein äußerst eigenwilliger, wenn auch in sich geschlossener Zugang zur barocken Rhetorik eröffnete sich in der groß angelegten fünfstim- migen Motette von Johann Sebastian Bach. Ein fast schon nervöser Puls trieb Silbe um Silbe vor sich her und führte hin und wieder auch zu explosiven Momenten. Beeindruckend waren die sprachliche Homogenität und die technische Bewältigung der fugierten Abschnitte.

Lang anhaltender Beifall belohnte das Ensemble für dieses ergreifende und mitreißende Musikerlebnis.