Kultivierte Stimmern in der Stadtkirche

Junger Kammerchor Baden-Württemberg führt Werke aus fünf Jahrhunderten auf

Bietigheimer Zeitung, 23.02.2010

Seit dem Jahr 1985 nimmt der Kammerchor Baden-Württemberg einen festen Platz im Konzertleben auch weit außerhalb des Landes ein. So jetzt auch in der Stadtkirche von Bietigheim-Bissingen.
 
Eine Serie von Aufführungen seines Programms "Te Deum laudamus - Von der Gregorianik bis zur Neuzeit" endete am Sonntagabend mit einem Konzert in der Stadtkirche. Im Mittelpunkt standen vier Vertonungen des aus dem fünften Jahrhundert stammenden lateinischen Gebettextes "Te Deum laudamus".
Zwischen dem 16. und dem 21. Jahrhundert entstanden diese sakralen Werke. Zu Beginn des Konzerts hörten die Besucher die entsprechende Komposition von Orlando di Lasso.
Die Aufführung dieses Werkes ließ die qualitätsvolle Gestaltungskraft erkennen, mit der die 25 Chormitglieder unter der Leitung des Gründers Jochen Woll vom ersten Takt an bestachen. In eindringlicher Andächtigkeit führte der Junge Kammerchor Baden-Württemberg das Werk auf. Insbesondere die Reinheit der Soprane verlieh der Aufführung einen mystisch zu empfindenden Charakter. Im krassen Gegensatz zu der mehr als 400 Jahre alten Komposition stand eine Vertonung desselben Textes durch die Komponistin Ruth Zechlin aus dem Jahr 2001. Die im Jahr 2007 verstorbene Kirchenmusikerin wurde in der einstigen DDR hoch geschätzt. Sie komponierte ein extrem emotional angelegtes Werk, das bei ständig wechselndem Tempo und Rhythmus Klangkaskaden und Cluster enthielt, deren Ausführung von den Sängerinnen und Sängern ein immenses Maß an perfekter Stimmenführung und Gesangstechnik verlangte.
Das Stück war jedoch voller vitaler Spannung im Ausdruck. Eine eindrucksvolle Leistung des Chors war dabei eine gesprochene Textpassage, die nach und nach in einem schließlich nur noch gemurmelten Gebet endete. Als doppelchörige Motette erklang das "Te Deum laudamus" im weiteren Verlauf des anspruchsvollen Chorkonzerts in der Komposition von Antonio Caldara, einem italienischen Tonschöpfer des Barockzeitalters.
Diese Version beglückte in ihrer von bewegtem Tempo geprägten Ausführung durch den Jungen Kammerchor. Das vierte Beispiel stand am Ende des Konzerts in der Bietigheimer Stadtkirche. Felix Mendelssohn-Bartholdy wählte für seine 1832 geschriebene Komposition einen deutschen Text. Seelenvolle Melodik aus der Zeit der Romantik breitete sich darin aus, die vom Chor empfindungsreich und in feiner Nuancierung des Ausdrucks interpretiert wurde.
Doch vor dieser Aufführung standen zwei sakrale Werke aus der Zeit des deutschen Barocks. Ebenfalls als vierstimmigen Doppelchor vertonte Heinrich Schütz Teile des 98. Psalms "Singet dem Herrn ein neues Lied". Die lautmalerischen Elemente der Komposition ließ der Chor in der tempobetonten Wiedergabe deutlich anklingen. Dagegen stand die strenge kompositorische Anlage einer Motette mit demselben Titel aus der Feder von Johann Sebastian Bach, deren Ausführung durch den Jungen Kammerchor Baden-Württemberg unter der Leitung von Jochen Woll besonders klangprächtig wirkte, weil mit herausragender Flexibilität und Geschmeidigkeit der Stimmen die Kontraste zwischen figurenreicher Melodieführung und choralähnlichen Anklängen akzentuiert und transparent gestaltet wurden.
Mit seiner hochkarätigen Stimmenkultur bot dieses außergewöhnliche Vokalensemble den Konzertbesuchern einen erhabenen Musikgenuss.

(Rudolf Wesner)