Ein Vokalensemble von Format

Junger Kammerchor Baden-Württemberg im Ev. Gemeindezentrum Auerbach

Bergsträßer Anzeiger, 03.02.2010

Wegen des heftigen Winterwetters musste das Auerbach-Debüt des Jungen Kammerchors Baden-Württemberg von der eingeschneiten Bergkirche in das besser erreichbare Evangelische Gemeindezentrum verlegt werden.
Die atmosphärisch-akustischen Einbußen dieses Ortswechsels konnten die gleichwohl zahlreich erschienenen Zuhörer indes rasch verschmerzen: Zu erleben waren nämlich ein Vokalensemble von herausragendem Format und eines der interessantesten geistlichen Konzertprogramme der letzten Zeit.
Der in 24-köpfiger Besetzung angetretene Kammerchor hatte nicht weniger als sechs grandiose "Te Deum"-Vertonungen im Gepäck und spannte damit einen Bogen über satte viereinhalb Jahrhunderte Musikgeschichte.

Mit hoher Inspirationskraft
Zusätzliche Blockflöten-Farbtupfer lieferte die von Otfried Miller am Klavier begleitete Auerbacher Kirchenmusikerin Monika Hölzle-Wiesen, deren feine instrumentale Geläufigkeit - unter anderem in Stücken von Telemann und Bach / Marcello - gewohnt anregend wirkte.

Das besondere stimmtechnische und gestalterische Niveau des 1985 gegründeten, mittlerweile international renommierten Stuttgarter Chores scheint angesichts der charismatischen Inspirationskraft und unermüdlichen Detailfreude seines auch als Programm-Moderator absolut erfrischenden Leiters Jochen Woll nur allzu verständlich. Intonationssicherheit, Klangbalance, Artikulationspräzision und vor allem Ausdrucksvitalität genügen höchsten Ansprüchen.
Aussagemächtig stellten die Choristen das älteste und das jüngste Stück ihres Programms an den Anfang: Orlando di Lassos edel leuchtende Vertonung von 1568 traf hier auf das 2001 entstandene "Te Deum"-Spätwerk der einstigen führenden DDR-Komponistin Ruth Zechlin (1926-2007). Dieses reich ausdifferenzierte A-cappella-Juwel war in seiner Verbindung von wuchtig-herber Expressivität (Sprechpassagen inklusive) und schier "altmeisterlich" strenger Klassizität die Entdeckung des Abends - nicht zuletzt dank der atemberaubend dichten Interpretation.

Prachtstück von Bach
Die kompositorisch besonders ergiebige Barockzeit vertraten Antonio Caldaras ebenso knapp wie spritzig gefasstes "Te Deum" von 1711, Heinrich Schütz' charakteristisch eloquente Psalmvertonung SWV 35 aus dem Jahre 1619 und - natürlich - Bachs einzigartige "Singet dem Herrn"-Motette BWV 225.
Das wohl 1726/27 zu datierende Prachtstück des großen Leipziger Thomaskantors boten Jochen Woll und seine famosen Choristen in einer Lebendigkeit, welche Geist und Herz gleichermaßen erquickte - bei wiederum mustergültiger Genauigkeit im Detail. Felix Mendelssohns deutschsprachiger Genrebeitrag von 1832 setzte mit vielfältigen solistischen Auffächerungen den finalen Glanzpunkt. Die als Zugabe wiederholte virtuose Schlussfuge über "Alles, was Odem hat, lobe den Herrn" aus BWV 225 krönte den enthusiastisch beklatschten Abend.
 
(Klaus Roß)