Filigrane Stimmungsbilder

Weihnachtshistorie von Heinrich Schütz in St. Raphael

Rhein-Neckar-Zeitung, 10.12.2009

Heute trennen wir zwischen einer Theologie, die die Auslegung religiöser Texte betreibt, dem Pfarr- oder Priesteramt, dem die Verkündigung des Gotteswortes und dessen Deutung in der Predigt überlassen ist, und der Musik, die freilich auch geistliche Musik sein kann. Zur Zeit des Komponisten Heinrich Schütz war dies anders: Die Geistlichen zelebrierten die Messe auf Latein. Schütz Musik ahmte wie in einer Art „biblia pauperum“, einer Bibel für die Armen, die Ereignisse nach, von denen die Heilige Schrift berichtete.

Seine Musik legte die Geschehnisse in der Verkündigung aus, in Worten, Noten und Interpretation. Bis zu seinem Tod im Jahr 1672 entstanden drei Partien der „Symphoniae sacrae“, diverse kleine und große geistliche Konzerte und dergleichen mehr. Darunter auch die im Konzert in der Neuenheimer St.-Raphael-Kirche aufgeführten Werke „Magnificat“, „Verbum caro factum est“, „Ich bin eine rufende Stimme“, „Hodie Christus natus est“, „Es ist erschienen“ und die farbenfrohe „Weihnachtshistorie“ für Solisten, Chor und Orchester.

Filigrane Stimmungsbilder schuf Schütz, die der Junge Kammerchor Baden-Württemberg unter dem akkuraten und unmissverständlich musikalischen Dirigat von Jochen Woll mitreißend zu Gehör brachte. Sopranistin Monika Mauch rezitierte und jubilierte in den kleinen geistlichen Werken mit einer Stimme, die in der unteren Lage etwas tonlos klang, in der Höhe hingegen sehr geradeaus den Kirchenraum durchdrang.

Ihr ehemaliger Schüler Joachim Streckfuß gewann mit seinem fülligen, seelenvollen Tenor das Publikum dem adventlichen und weihnachtlichen Geschehen zurück. Der Chor triumphierte wie stets in seinen Konzerten mit Jochen Woll und frohlockte in luftig-leichten Höhen über das Kommen des Messias.

Nicht immer überzeugend paddelte sich das Barockorchester „L’arpa festante“ sich durch den Abend; insbesondere die Posaunen zeigten Unsicherheiten im Ausdruck und versanken in den Klängen der Anderen. Etwas zu manieriert schienen auch die brachialen Ausbrüche einzelner Streicher aus dem Ganzen des Orchesters.

Von Astrid Mader