Herausragend

Kammerchor sang in Heidelberg

Rhein-Neckar-Zeitung, 29.11.2006

Nadia Boulanger, eine der prominentesten Schülerinnen Gabriel Faurés, nannte dessen Requiem einen „Mittler zwischen Himmel und Mensch..., eher im Geiste des heiligen Franziskus als in dem des heiligen Bernhard“. Trost und Kontemplation stehen im Mittelpunkt, nicht Angst und Schrecken. Jochen Woll, der Dirigent des Jungen Kammerchors Baden-Württemberg hatte für diese Aufführung in der Handschuhsheimer Friedenskirche zusammen mit dem Organisten Peter Lauterbach eine Fassung für Soli, Chor und Orgel erstellt, die den kontemplativen Charakter gegenüber den drei Orchesterfassungen Faurés unterstreichen sollte.

Trotz aller Hörgewohnheiten, kann man – nicht zuletzt aufgrund der exzellenten Ausführenden – diese Fassung als gelungen, wenn auch nicht immer schlüssig bezeichnen. Dies liegt vor allem daran, dass Fauré sein Werk nicht liturgisch verstanden hat, ganz im Gegensatz zum bekennenden Liturgiker Maurice Duruflé, der seine Orgelfassung der eigenen Orchesterfassung vorzog. Tatsächlich wirkte Duruflés Requiem an diesem Abend zwingender, da liturgisch stringenter.

Als ein exzellentes Ensemble präsentierte sich der Junge Kammerchor, als ein Klangkörper von stupender, makelloser Vokalkultur, der alle Nuancen der Tongebung perfekt beherrschte, subtil flüsterte und strahlend blühte (Hosanna), fulminant im Offertorium bei Duruflé, anrührend, menschlich und zuversichtlich in den Trost verheißenden Partien. Lediglich die Konsonanten hätte man sich deutlicher gewünscht, und der zu tief intonierende Bass-Chorsolist hatte keinen guten Tag.

Jochen Woll erwies sich als kluger Gestalter, dessen Vorstellungen optimal und überzeugend umgesetzt wurden. Einfühlsam, mit angenehmer Zurückhaltung und feinsinnigen Registrierungen unterstützte Peter Lauterbach den Chor bei einer Interpretation zweier Totenmessen, der man das Prädikat „herausragend“ zuerkennen muss.

(Michael Hengstler)